Bericht Schwabacher Tagblatt vom 13.Oktober 2010
Sie übernehmen Sozialumzüge und Wohnungsauflösungen. Sie schrauben Möbel auseinander und wieder zusammen. Sie ordnen, sortieren, verwerten. In ein paar Monaten feiern die Mitglieder der Freien Christengemeinde Schwabach ein kleines Jubiläum: Seit 15 Jahren helfen sie denjenigen, die sich selbst nicht mehr helfen können. Demnächst könnten sie aber selbst Hilfe gebrauchen. Denn ihre gemietete Halle in der Wiesenstraße müssen sie wohl räumen
Begonnen hat alles mit den Schwabacher Asylbewerbern. Weil die meist nicht mehr hatten als in einen Koffer passt, wollten die Mitglieder der Freien Christengemeinde helfen. Sie trugen Möbel zusammen, die keiner mehr haben wollte, und Haushaltsgegenstände, die niemand mehr gebrauchen konnte.
Pastor Dieter Wolf begann in einem kleinen Raum mit der Umverteilung. Der wurde bald zu klein. In der Wasserstraße mietete er eine erste Halle an, seit zehn Jahren sind Wolf und seine Helfer in der Wiesenstraße untergebracht.
Hier türmen sich jetzt Sessel und Sofas, Schränke und Sideboards, Leuchten und Lampen, Spielzeug und Spiegel, Kleider und unglaubliche Mengen von Krimskrams. „Es hat sich herumgesprochen, dass wir so etwas anbieten“, sagt Wolf.
Kein freier Platz mehr
Man muss sich wundern, wie er und seine Mitstreiter in diesem Durcheinander den Überblick behalten. Wer glaubt, jeder Quadratzentimeter in der geräumigen Halle ist belegt, der irrt. Draußen warten schon die nächsten voll beladenen Laster auf die Leerung.
Wolf geht es nach eigener Aussage nicht darum, mit seiner Arbeit Geld zu verdienen. „Wir sind nicht gewinnorientiert“, sagt er, „es muss nur am Monatsende Null auf Null aufgehen.“
Das heißt: Wolf muss Umsatz machen. Für die Halle zahlt er einige tausend Euro Miete pro Monat. Die drei alten Laster müssen unterhalten und einige Angestellte bezahlt werden. Deshalb gibt es beispielsweise die Wohnungsräumungen und die Umzüge nicht umsonst. „Die Leute sollen halt soviel Geld geben, wie sie geben können“, sagt er. Und wenn gar kein Geld da ist? „Dann machen wir es auch so. Es ist für uns halt immer eine Gratwanderung.“
Dieter Wolf, 65, war bis vor zehn Jahren selbstständiger Druckvorlagenhersteller. Dann stieg der Wolkersdorfer aus, um das hauptberuflich zu machen, was er zuvor nebenamtlich gewesen war: Pastor der Freien Christengemeinde.
Das Gemeindeleben der streng bibeltreuen Christen mit den freitäglichen Gebetsabenden und dem sonntäglichen Gottesdienst liegt ihm auch heute noch am Herzen. Noch mehr Zeit investiert er aber inzwischen in „Die Halle“, wie die überbordende Second-Hand-Möbel-, Kleider- und Haushaltswarenkammer in der Wiesenstraße schlicht heißt.
Bedarf hat sich verdreifacht
Der Pastor kann das, was er einmal begonnen hat, nicht mehr stoppen. „In den letzten zehn Jahren hat sich der Bedarf verdreifacht“, erzählt er. „Es gibt in der Stadt und in den Gemeinden rundherum unglaublich viele arme Menschen, die von der Hand in den Mund leben, die nichts haben und die sich nichts leisten können.“
Wolf sieht sich hier in der Pflicht. Schon aus Gründen der Nächstenliebe. „Wir wollen eigentlich noch viel mehr helfen“, betont er. Der Leistungsfähigkeit der Gemeinde mit ihren bloß noch 15 Mitgliedern sind aber Grenzen gesetzt.
Und: Derzeit muss sich Wolf darum sorgen, dass es überhaupt weitergehen kann mit seinem Sozialprojekt. Denn eigentlich müsste er die angemietete Halle zum Jahresende räumen. Nur: Es ist schwer, in der Stadt adäquaten Ersatz zu finden. Zumindest zu dem Preis, den die Christengemeinde derzeit bezahlt. „In Rednitzhembach oder in Roth hätten wir keine Probleme etwas zu bekommen, aber eigentlich wollen wir in Schwabach bleiben“, sagt der Pastor.
Mit Gottvertrauen
Die Zeit drängt. Doch Wolf lässt sich nicht verrückt machen. „Es wird eine Lösung geben“, betont er. Wie die aussieht, weiß er selbst noch nicht. Doch Dieter Wolf hat das, was ihn von vielen anderen unterscheidet: reichlich Gottvertrauen.